Die Erklärung des Heiligen
Messopfers
von Pater Martin von Cochem
1. Da ich nunmehr von den Geheimnissen der hl. Messe reden
will, dringt es mich, mit David auszurufen: "Kommet und
sehet die Werke des Herrn,
welche Wunder er
gewirkt hat auf Erden."
(Ps. 45.9) Christus hat zwar viele Wunderzeichen hier
auf Erden gewirkt, aber mich dünkt, es sei doch keines höher
und grösser gewesen, als da er beim letzten Abendmahle das
allerhochwürdigste und allerheiligste Messopfer einsetzte.
Dasselbe Ist ein kurzer Inbegriff aller Wunderwerke Gottes
und ein Wunder über alle Wunder, so dass St. Bonaventura hat
dürfen sagen und schreiben: "Die Messe ist in ihrer Weise so
voller Geheimisse wie das Meer voller Tropfen, die Luft
voller Stäublein, das Firmament voller Sterne und der Himmel
voller Engel. Denn in ihr gehen täglich so viele Geheimnisse
vor sich, dass ich nicht weiß, ob die allmächtige Hand
Gottes jemals etwas Größeres gewirkt hat.
2. Mit diesen erstaunlichen Worten des hl. Bonaventura,
welche die Geheimnisse der hl. Messe als ganz unzählbar
hinstellen, stimmt Pater Sanchez überein, indem er ausführt:
"In der hl. Messe empfangen wir so wunderbare und wahrhafte
Schätze, so kostbare himmlische Gaben, so viele Güter für
das gegenwärtige und so gewisse Hoffnung für das zukünftige
Leben, dass wir, um dieses zu begreifen, die Gabe des
übernatürlichen Glaubens haben müssen." Damit will er sagen: Wenn
uns nicht Gott selbst durch seine übernatürliche Offenbarung
über die Schätze der hl. Messe unterrichtet hätte, so würden
wir mit unserem einfachen Verstande nichts davon erfassen
können. Dann fährt er fort: "Gleich wie du aus dem Meere
oder einem Flusse stets genug Wasser schöpfen kannst, also
kannst du es auch mit der hl. Messe machen. Denn die
Unermesslichkeit derselben ist so groß, dass sie nie
erschöpft, nicht einmal vermindert werden kann." Aus diesem
schönen Vergleich kannst du abnehmen, wie voller Gnaden und
Geheimnisse die hl. Messe ist, und wie viele geistliche und
leibliche Güter man täglich daraus schöpfen kann.
3. Das hat der hl. Augustinerpater
Johannes von Fakundo wohl gewusst, der keinen Tag die hl. Messe
unterließ und sie immer des Morgens in aller Frühe las, weil
seine Begierde nach dem Opfer Christi so groß war, dass er
nicht langer warten konnte. Er las aber die Messe so
langsam, dass die Messdiener manchmal vom Altare fortliefen
und keiner bei ihm dienen wollte. Als ihm danach der Prior
befahl, nicht mehr Zeit zu gebrauchen als die übrigen
Priester, gehorchte der heilige Mann freilich; nach einigen
Tagen aber fiel er dem Prior zu Füssen und bat, den Befehl
zurückzunehmen. Der Prior wollte erst den Grund wissen,
weshalb Johannes so viel Zeit haben wollte, aber erst auf
langes Drängen teilte dieser ihm denselben mit, und nun
sprach der Prior zu einem vertrauten Pater: "Glaube mir für
gewiss, dass unser Pater Johannes deswegen so lange Messe
liest, weil Gott ihm die großen Geheimnisse, welche in
derselben vorgehen, zu erkennen gibt, die so hoch sind, dass
kein Mensch sie mit seinem Verstande begreifen kann. Von
diesen Geheimnissen hat er mir so große Dinge gesagt, dass
ich vor Schrecken fast außer mir war. Glaube mir sicherlich,
dass Christus sich diesem Pater leiblicherweise zeigt, mit
ihm freundlich redet, ihm seine fünf Wunden weist und aus
denselben solchen Glanz über den heiligen Mann ausgießt und
ihn so erquickt, dass er ohne Speis und Trank würde leben
können. Pater Johannes sieht auch den Leib Christi wie eine
glänzende Sonne und erkennt dessen unendliche Glorie und
Schönheit. Ja, er erkennt auch so hohe und himmlische Dinge,
dass kein Mensch sie recht ergründen oder aussprechen kann.
Darum will ich von nun an auch selbst nie unterlassen, die
hl. Messe zu lesen oder zu hören und andere dazu
anzutreiben." Aus diesen Worten können wir klar erkennen,
wie voll wunderbarer Geheimnisse die hl. Messe sein muss.
Ein Teil derselben wird schon dadurch begriffen, dass wir
die Vorbilder aus dem Alten Testamente betrachten, die in ihr erfüllt,
ja gleichsam erneuert werden.
4. Das erste Vorbild war das Opfer des frommen und gerechten
Abel, welcher aus
wahrer Andacht zu Gott von den Erstlingen seiner Herde Gott
zum Bekenntnis seiner unendlichen Majestät ein Brandopfer
dargebracht hat. Dass dieses Opfer dem lieben Gott gefallen
habe, bezeugt die hl. Schrift (Gen. 4, 4) mit den Worten:
"Der Herr schaute auf Abel und seine Gaben“, wofür
Theodotion übersetzt: "Der Herr zündete das Opfer Abels an,"
indem er etwa Feuer vom Himmel kommen ließ wie später bei
der Einweihung des Tempels. In ähnlicher Weise geschieht es
auch bei unserem Messopfer; wenn nämlich der Priester die
Worte der hl. Wandlung über Brot und Wein ausspricht, so
fällt das göttliche Feuer des Heil. Geistes vom Himmel
herab, entzündet gleichsam das Opfer des Brotes und Weines
und verwandelt sie in den wahren Leib und das wahre Blut
Christi. Das Opfer Abels hat dem allmächtigen Gott sehr wohl
gefallen, das Opfer der Christenheit aber gefällt ihm
unvergleichlich mehr. Denn wenn ein Priester die hl. Hostie
in die Höhe hebt, so spricht der Vater dieselben Worte wie
bei der Taufe Christi: "Dieser ist mein geliebter Sohn, an
dem ich mein Wohlgefallen habe." (Matth. 3, 17.)
5. Das zweite
Vorbild war das Opfer des gerechten Noe, von welchem Gen. 8,
20f. geschrieben steht: "Noe aber baute dem Herrn einen
Altar und nahm von allen reinen Tieren und Vögeln und
opferte Brandopfer auf dem Altare. Und der Herr roch den
lieblichen Geruch und sprach: "Niemals wieder will ich die
Erde verfluchen um der Menschen willen." Wenn nun also der
erzürnte Gott solches Gefallen an dem Opfer des Noe gehabt
hat, dass er versprach, die Welt hinfür niemals mit einer
Sintflut wieder zu strafen, wieviel mehr wird ihm dann das
Opfer gefallen, in welchem der allersüßeste Geruch der
Tugenden und Heiligkeiten Christi zum Himmel emporsteigt?
6. Das dritte
Vorbild des hl. Messopfers waren die verschiedenen Opfer des
Patriarchen Abraham,
von dem mehrere Mal in der hl. Schrift steht: "Abraham
erbaute dem Herrn einen Altar und rief allda dessen Namen
an. Ebendasselbe liest man auch von Isaak und Jakob, welche
Diener des wahren Gottes waren und nach dem Beispiele aller
Gerechten dem Herrn aller Herren Brand- und Schlachtopfer
darbrachten. Alle Priester des Neuen Testamentes sind diesen
großen Dienern Gottes getreulich nachgekommen und setzen das
bis auf den heutigen Tag mit heiligem Eifer fort, indem
alle, die nur ein wenig wahre Andacht zu Gott haben, ihm
auch täglich das allerhochwürdigste Opfer aufopfern.
7. Das vierte
Vorbild unseres heiligsten Messopfers war das Opfer des
Königs und Hohenpriesters
Melchisedech, der
dem allmächtigen Gott zur Danksagung für den Sieg Abrahams
in neuer Art Brot und Wein unter bestimmten Zeremonien und
Gebeten aufopferte. Aber davon ist schon im ersten Kapitel
genug gesagt worden.
8. So kommen wir denn zum
fünften Vorbilde, das Opfer Aarons und aller Priester des mosaischen
Gesetzes, welches von Gott selbstgegeben war. Denn vor
dieser Zeit hatten die frommen Väter aus freiem Willen nach
Eingebung des natürlichen Verstandeslichtes, wann und wo sie
wollten, Opfer Gott dargebracht. Im Gesetz aber hat Gott
befohlen, dass die Juden ihm vornehmlich dreierlei Opfer
darbringen sollten, nämlich Brandopfer, Friedopfer und
Sühnopfer. Täglich sollten sie ihm zwei Lämmlin schlachten
und aufopfern, nämlich morgens eins und abends eins. Alle
diese jüdischen Opfer haben gewährt bis auf Christus und
waren klare Vorbedeutungen zunächst des Kreuzesopfers. Nach
dem Tode Christi aber haben dieselben aufgehört; an ihre
Stelle trat das Messopfer als tägliche Erneuerung des
Kreuzesopfers.
9. Aller dieser Opfer von den ersten Zeiten her, geschieht ausdrückliche Erwähnung in jeder heiligen Messe, da der Priester bald nach der hl. Wandlung also zum Herrn des Himmels und der Erde spricht: "Wir opfern Dir, O Herr, das heilige Brot des ewigen Lebens und den Kelch des immerwährenden Heiles. Sieh darauf herab mit dem Blicke deiner Huld und Gnade und lass es dir wohlgefällig sein, wie du dich gewürdigt hast, mit Wohlgefallen anzunehmen die Gaben deines gerechten Dieners Abel, das Opfer unseres Patriarchen Abraham, wie auch das heilige Opfer, die unbefleckte Opfergabe, welche dir dein Hoherpriester Melchisedech dargebracht hat.“ Dadurch zeigt die Kirche selbst, dass jene Opfer Vorbilder des hl. Messopfers waren, wenn dieselben auch nicht im Mindesten an den Wert der hier geopferten Gabe heranreichen können.
10. An diesem Gebete aber stoßen sich viele fromme
Katholiken und Nichtkatholiken und ärgern sich daran, weil
sie meinen, der Priester rufe Gott an, dass er sein Opfer
auf dieselbe Weise gnädig aufnehme, wie er das Opfer Abels,
Abrahams und Melchisedechs gnädig aufgenommen hat, da doch
unbezweifelt wahr ist, dass das Messopfer, in welchem der
heiligste Leib und das heiligste Blut Christi Gott dem Herrn
geopfert wird, Ihm unendlich angenehmer ist, als die Tiere
und das Brot und der Wein, welche Abel, Abraham und
Melchisedech Ihm geopfert haben. Hier ist aber wohl zu
bedenken, dass die Priester nicht bitten, der liebe Gott
wolle dasjenige, was sie Ihm opfern, in Gnaden annehmen, da das, was sie Ihm
darbringen, Jesus Christus, sein vielgeliebter Sohn, Ihm
unendlich wohlgefälliger ist, als alle Geschöpfe; sondern
die Priester bitten nur, Gott wolle ihr Opfer, die Art und
Weise zu opfern, oder die Andacht, mit welcher die das
hochheilige Messopfer verrichten, ebenso in Gnaden
aufnehmen, wie Er die Andacht, mit welcher Abel, Abraham und
Melchisedech ihre Opfer dargebracht haben, in Gnaden
aufgenommen hat. Er handelt sich also hierbei nicht um die
Würdigkeit des Opfers, die unzweifelhaft ist, sondern um die
Annahme der Andacht des opfernden Priesters und der mit
ihnen vereinten Gemeinde. Möchten nur wir alle beim hl.
Messopfer dieselbe Andacht haben, mit welcher jene ihr Opfer
verrichteten, damit Gott auch aus unserer Hand die heiligste
Opfergabe in Gnaden aufnehmen könne.
11. Was nun die Geheimnisse des heiligsten Messopfers angeht, so ist vor allem festzuhalten, dass in demselben die vorzüglichsten Geheimnisse des ganzen Lebens und Leidens Jesu Christi enthalten sind und uns vorgestellt werden. Das deutet bereits David in prophetischem Geiste an, wenn er spricht: 'Ein Gedächtnis stiftete Er in seinen Wundern, der gnädige und barmherzige Herr." (Ps. 110, 4.) Und damit wir erkennen möchten, dass hiermit auf die hl. Messe hingewiesen sei, sagt er in einem anderen Psalm (Ps. 25, 6,7): "Ich um deinen Altar her sein, o Herr, damit ich höre die Stimme des Lobes und erzähle alle deine Wunder." Hat denn nicht Christus ähnliches gesagt, als er das hochheilige Messopfer einsetzte und zu seinen Aposteln sprach: " Dies tuet zu meinem Andenken?" Als wollte er sagen: Da ich nun von euch scheiden muss und nach Vollendung der Erlösung der menschlichen Geschlechts zu meinem himmlischen Vater gehen werde, darum setze ich die hl. Messe als das einzige Opfer des Neuen Bundes ein, in welchem alle Geheimnisse meines ganzen Leben und Leidens eingeschossen sind und allen meinen Gläubigen vor Augen gestellt werden, auf dass ihr meiner niemals vergesset, sondern Mich allezeit in eurem Andenken behaltet.
12. Dass dieses sich wirklich so verhält, will ich kurz beweisen und erklären. Erstens wird das hochwürdigste Geheimnis der gnadenreichen Menschwerdung Jesu Christi nicht allein vorgestellt, sondern wahrhaft erneuert. Denn gleichwie die allerseligste Jungfrau Maria zur Vollbringung der Menschwerdung des Sohnes Gottes ihren Leib und ihre Seele darbot und aufopferte, und in Ihr durch Wirkung des Heiligen Geistes das Wort Fleisch geworden ist: ebenso bietet der Priester den himmlischen Vater Brot und Wein dar, opfert es Ihm auf, und der Heilige Geist verwandelt sie Kraft der Wandlungsworte in den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Auf diese Weise wird das allergöttlichste Geheimnis der Menschwerdung Christi erneuert, und der Priester hat ebensowohl Christus in seinen Händen, wie ihn die Muttergottes Ihn in ihrem jungfräulichen Leibe getragen hat. Ist das nicht ein Wunder über alle Wunder?
13. Das gnadenreiche Geheimnis der Geburt Christi wird ebenso erneuert und uns klar vor Augen gestellt. Denn gleichwie Christus aus der allerseligsten Jungfrau die Menschheit annahm, so nimmt Er in der hl. Messe auf die Worte des Priesters hin die Menschheit an, und wenn der Priester das letzte Wort der Wandlung ausgesprochen hat, so hat er den menschgewordenen Heiland wahrhaft in seinen priesterlichen Händen. Zur Bezeugung dessen fällt er sogleich auf seine Knie, betet seinen Gott und Schöpfer in seinen Händen demütig an, hebt ihn mit Andacht in die Höhe und zeigt ihn mit Freuden dem anwesenden Volke. Gleichwie die liebe Mutter Gottes ihr neugeborenes Kindlein, in Windeln gewickelt, den frommen Hirten gezeigt und zur Anbetung dargeboten hat, zeigt auch der Priester dem Volke dasselbe Christkindlein unter den Gestalten des Brotes, wie in Windeln eingehüllt, auf dass alle Es erkennen und als ihren Herrn und Gott anbeten. Wer dieses von Herzen tut, der übt eine größere Tugend als die frommen Hirten, denn diese sahen die Menschheit Christi mit Augen und glaubten an seine Gottheit, wir aber sehen nur die äußeren Gestalten von Brot und Wein und glauben dennoch fest, dass die Gottheit und Menschheit Christi darunter verborgen ist.
14. In der hl. Messe haben wir auch denjenigen gegenwärtig,
welchen die hl. drei Könige angebetet, der greise Simeon auf
seine Arme genommen und den Maria Gott dem Vater im Tempel
aufgeopfert hat. Diesen Dreien können wir in der Heiligen
Messe nachfolgen, und so durch unsere Andacht Christus
wohlgefällig werden und uns ewigen Lohn verdienen. Wir hören
auch Christum sein hl. Evangelium durch den Mund des
Priesters verkündigen und können daraus Heil und Nutzen
schöpfen. Wir sehen ferner Christus bei der hl. Messe Wunder
wirken, denn da er den Wein in sein hl. Blut verwandelt, so
ist das ein viel größeres Wunder, als da er zu Kana das
Wasser in Wein verwandelte. Wir sehen ihn auch
sein letztes
Abendmahl wiederum halten und von neuem Brot und Wein in
sein wahres Fleisch und Blut verwandeln. Endlich sehen wir
bei der Aufhebung auch Christum am Kreuze erhöht und hören
ihn mit den Ohren unseres Geistes für uns beten: "Vater,
vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" (Luk.
23,34) und wie schwer sie mit ihren Sünden deine Gottheit
beleidigen. Dieses alles sehen wir zwar nicht mit den
leiblichen Augen, aber mit den Augen des übernatürlichen
Glaubens ,und durch diesen unseren festen Glauben verdienen
wir umso größeren Lohn, wie Christus ausdrücklich bezeugt,
da er zu Thomas spricht: "Selig sind, die nicht sehen und
doch glauben." (Joh. 20, 29.) Je höher und unbegreiflicher
diese Geheimnisse sind, um so verdienstlicher ist auch unser
Glaube und umso reicher wird unser Lohn sein im Himmel.
15. In der hl. Messe erfüllt Christus auch sein treues und
tröstliches Versprechen, das er vor seinem Scheiden gegeben
hat mit den Worten: "Siehe, ich bleibe bei euch alle Tage,
bis an das Ende der Welt." (Matth. 28, 20.) Kraft seiner
Gottheit ist ja Christus freilich immer und überall
gegenwärtig, und darum ist dies Versprechen ebenso von
seiner heiligen Menschheit zu verstehen, mit welcher er in
der hl. Messe und in dem hochwürdigsten Sakrament des
Altares zugegen ist. Da weilt er Tag und Nacht persönlich
bei uns, ist allezeit bereit, uns Audienz zu geben, unser
Begehren anzuhören und uns in unseren Nöten zu helfen. In
der hl. Messe aber ist er noch überdies unser Opfer, unser
Fürsprecher und die Versöhnung für unsere Sünden. Denn, weil
Christus in der hl. Messe sein priesterliches Amt ausübt,
deswegen steht ihm von Amtswegen zu, wie Paulus (Hebr. 5)
sagt, „dass er darbringe Gaben und Opfer für die Sünden des
Volkes“, dass er sich nämlich selbst seinem Vater für das
Volk aufopfert, wie er sich ihm am Kreuze aufgeopfert hat.
Daraus erhellt, dass zwischen der hl. Hostie im Tabernakel
oder der Monstranz und in der hl. Messe doch noch ein großer
Unterschied ist, obwohl die Gegenwart Christi dieselbe ist.
Denn in der hl. Messe liegt die hl. Hostie zugleich als
Opfergabe vor den Augen des Vaters.
17. 0 christliche Seele, wenn du in der Todsünde lebst, so
gehörst du dem Teufel an, und der leidige Satan regiert
dich. Bist du aber im Stande der Gnade, so bist du eine
Braut Christi und wirst von deinem Bräutigam herzlich
geliebt und mit allem, was zu deinem Heile dient, fleißig
versorgt. Was für Gnaden und Guttaten meinst du, wird dir
dein liebender Bräutigam bei einer heiligen Messe erweisen
und wie viele Mittel wird Er dir an die Hand geben, um die
Tugend zu üben und deine Seligkeit zu sichern? Höre und
verwundere dich! Ich sage dir ernstlich und will es dir in
diesem Buche gründlich beweisen, dass Jesus aus lauter Liebe
zu dir in jeder hl. Messe, die du ohne Todsünde mit Andacht
anhörst und wobei du mit Sammlung des Geistes deine
Messgebete sprichst, siebenundsiebzig Gnaden zu verdienen
gibt. Auf dass du dies erkennest und glaubest, will ich dir
dieselben nacheinander aufzählen.
Siebenundsiebzig
Gnaden und Früchte, die aus dem andächtigen Messehören
entspringen
2. Zu deinem Heil verwandelt der Heilige Geist Brot und Wein
in den wahren Leib und das wahre Blut Christi.
4. Ja, er erniedrigt sich so sehr, dass er auch in dem
allerkleinsten Teilchen der hl. Hostie gegenwärtig ist.
6. Zu deinem Heile wird er in jeder heiligen Messe wiederum
geistiger Weise geboren.
8. Zu deinem Heile erneuert er sein bitteres Leiden, auf
dass er dich dessen teilhaftig mache.
9. Zu deinem Heile stirbt er wiederum geistigerweise und
gibt sein kostbares Leben für dich.
10. Zu deinem Heile vergießt er geistigerweise sein heiliges
Blut und opfert es dem himmlischen Vater für dich auf.
12. Für dich opfert sich Christus zum wahren
Brandopfer und
gibt der Gottheit so große Ehre, als sie zu empfangen würdig
ist.
14. Für dich opfert er sich zum
Lobopfer und
erstattet, was du am Lobe Gottes versäumt hast
16. Für dich opfert sich Christus zum vollkommensten
Dankopfer und erstattet, was du im Danksagen versäumt hast.
18. Für dich opfert sich Christus zum mächtigsten
Versöhnungsopfer und macht dir den erzürnten Gott wiederum zum
Freunde.
22. Er verzeiht dir auch deine unbewussten und vergessenen
Sünden, welche du niemals gebeichtest hast.
23. Er opfert sich zum
Opfer der Genugtuung und zahlt einen Teil deiner
Schulden oder Strafen.
24. Durch eine jede hl. Messe kannst du mehr Strafen
abbüßen, als durch ein anderes schweres Bußwerk.
26. Christus opfert sich für dich zum kräftigsten
Bittopfer und bittet für dich so herzlich, als er am Kreuze für
seine Feinde gebetet hat.
Gedenke, wie du dich betrüben würdest, wenn du an einem Tage siebenundsiebenzig Kreuzer - Taler will ich schon gar nicht mehr sagen - verlieren oder verspielen oder verscherzen solltest. Gewiss würde dich der Verlust aufs tiefste schmerzen und reuen. Wieviel mehr aber solltest du dich dann betrüben, wenn du an einem Tage ohne Not, ja aus lauter Faulheit oder Mutwillen die hl. Messe zu hören versäumst hast! Du aber versäumst solcher Messen gar viele und betrübst dich deswegen gar nicht, als wenn dir gar kein Schaden widerfahren wäre - das klarste Zeichen dafür, dass du den köstlichen Schatz der hl. Messe nicht erkennst oder nicht achtest. Wenn du aber fleißig in diesem Buche liest, so wirst du hoffentlich hinfür diesen himmlischen Schatz besser erkennen, höher achten und eifriger suchen. Das gebe Gott. Amen!